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14.05.23

Entwicklung der Gitarre II



Entwicklung der Gitarre 2. Teil:
Ramirez bis Romanillos.

Die wohl berühmteste und zugleich Erfolgreichste Gitarrenbauwerkstatt, gegründet 1882 von Jose Ramirez I (1858-1923), setzte in punkto Verarbeitungs- und Klangqualität neue Maßstäbe. Jose Ramirez II (1864-1916) vergrößerte den Klangkörper die Mensur und die Halsmaße, was zur Folge hatte, dass die Instrumente zwar sehr laut klingen aber auch schwer zu bespielen sind. In den sechziger Jahren spielten die meisten professionellen Gitarristen auf Ramirez-Gitarren und zugleich stieg die Nachfrage nach hochwertigen Konzertgitarren schneller, als diese gebaut werden konnten. Dies veranlasste Ramirez III (geb. 1922) und seine Mitbewerber, zu expandieren. In Ramirez Werkstatt wurden nicht nur Gitarren gebaut sondern auch Gitarrenbauer ausgebildet.
Das Produktionsvolumen der Ramirez III Werkstatt lag bei durchschnittlich 600 Konzertgitarren pro Jahr (sechziger Jahre). Gegen Ende der sechziger Jahre gab es andere spanische Gitarrenbauer, die sich auf den Bau erlesenster Solisteninstrumente spezialisierten, z.B. Fleta, Bernabe, M. Rodriguez, Contreras u.a. Gleichzeitig vollzog sich auch in Deutschland (Hopf, Hauser, Hannabach u.a.) dieser Ausgliederungsprozeß vom Industriegitarrenbau hin zum Kunsthandwerk. Die meisten dieser Gitarrenbauer konstruierten ihre Instrumente nach dem Vorbild des Torres-Modells. Bauweise, Dimensionen und Materialien dieser Torres-Modelle stimmten in ihren Grundprinzipien mit dem Original überein, waren aber im Vergleich doch eher Ramirez-Kopien. Das war nicht verwunderlich wenn man berücksichtigt, dass viele dieser Gitarrenbauer, die von Ramirez gebauten Instrumente als Grundlage ihres Bauplanes wählten.
Zum anderen arbeiteten und lernten diese Gitarrenbauer oft ihr Handwerk in der Ramirez Werkstatt (Bernabe, Contreras). Die meisten der besten Gitarren in den sechziger Jahren hatten Zederndecken mit fächerverstrebter Deckenbeleistung, 66 cm Mensur, einen großen Korpus und waren meistens mit modernen syntetischen Leimen und Lackierungen hergestellt. Erwähnt seien an dieser Stelle drei Gitarrenbauer, die andere Konstruktionsprinzipien durchsetzten: Paulino Bernabe (Spanien) wählte andere Verstrebungen als das altbewährte Fächerprinzip und andere Größenverhältnisse. Die besondere Verarbeitungsgüte und die Holzauswahl stehen bei ihm im Vordergrund. In späteren Zeiten verwendete er auch Secoya (Mammutbaum) als Deckenholz. Robert Bouchet (Frankreich) baute seine Gitarren auf ältere Art aus Erfahrungen von Restaurationsarbeiten an Torres-Originalen in einem ihm zugeschriebenen, einzigartigen Deckenverstrebungs-System. Da dies aber schon von Jose Ramirez III in Madrid in Torres-Gitarren entdeckt wurde, konnte er durch Feinabstimmung des Konstruktionprinzips die Klangausgewogenheit und das Klangvolumen deutlich verbessern.

Dieter Hopf (Deutschland) nutzte seinen beruflichen Hintergrund als gelernter Geigenbauer mit einer über 300 jahrigen Familientradition, um eine Gitarre zu entwickeln, die speziell für große Konzertsäle gedacht war. Er entwickelte und patentierte den Rosettensteg und das f.v.t.s. System.
Ignacio Fleta (Spanien) das sogenannte Fleta-Modell baut auf dem Torres-Prinziep auf. Es gelang ihm, durch kleine Konstruktionsabweichungen, sehr tonschöne Instrumente zu bauen.
Manuel Contreras (Spanien) baute sein ANIVERSARIO Modell mit einem doppelten Boden. Der zweite Boden ruht auf kleinen Klötzen. Ein sehr langer Ton (Sustain) im Diskant bildet den Klangcharakter dieser Modelle.
Masaru Kohno ein japanischer Gitarrenbauer, der bei Fleta in Barcelona gelernt hatte, setzte Anfang der sechziger Jahre neue Maßstäbe im Gitarrenbau. Er forderte die gesamte Elite der Gitarrenbauer heraus und machte ihnen die Marktherrschaft streitig.
Die japanische Herrausforderung: Mitte der siebziger Jahre beherrschten japanische Konzertgitarren den Gitarrenmarkt in den unteren und mittleren Preisklassen. Die Instrumente waren leichter zu spielen als die Ramirez ähnlichen Modelle, gut verarbeitet und von beständiger gleichbleibender Qualität. Der Preis war meistens günstiger als bei gleichwertigen Instrumenten aus Spanien oder Deutschland. Masaru Kohno galt schon 1960, als er nach Japan zurückkehrte, als der beste japanische Gitarrenbauer. Seine Konzertgitarren waren keine Kopien vom Ramirez-Torres-Modell. Abgesehen davon kamen nicht alle Gitarristen mit den schwer zu spielenden Ramirez-Gitarren zurecht. Daraufhin entwickelte er sein eigenes Torres-Modell und forderte die gesamte Elite des Gitarrenbaus der westlichen Welt heraus.
Sein Modell hatte einen Hals mit kleineren Maßverhältnissen. Somit waren die Instrumente auch für Spieler geeignet, die etwas kleinere Finger hatten. Bald gewann sein Modell den begehrten Queen-Elizaneth-Preis. Tonschönheit, Brillanz und Lautstärke gepaart mit einem klaren Baß, zeichneten seine Instrumente aus. Als seine Gitarren weltweit Anerkennung und Prestige gewonnen hatten und mehr Instrumente verkauft werden konnten, als er bauen konnte, eröffnete er eine moderne Produktionsstätte. Kohno bildete eine Vielzahl von Gitarrenbauern aus und konnte bis in die Mitte der achtziger Jahre seinen Marktanteil ständig vergrößern. Die japanischen Hersteller pflegten ein wirkliches Interesse an den Arbeiten prominenter westlicher Gitarrenbauer. Sie besuchten diese, um einen Informationsaustausch anzuregen oder luden diese Leute nach Japan ein. Andere asiatische Länder wie Korea und Taiwan kopierten gleichermaßen die japanische Methode und bauten ebenfalls Gitarrenproduktionsstätten in ihren Ländern. Der spanische Gitarrenbau musste sich, mit Ausnahme der Ramirez Werkstatt, zu dieser Zeit neu orientieren, um nicht auf Dauer den Japanern unterlegen zu sein.

Der englische "Bream-Effekt": In den sechziger und siebziger Jahren waren die beiden Gitarristen Julian Bream (England) und John Williams (Australien) die prominentesten Virtuosen ihrer Zeit. Williams konzentrierte sich ganz und gar auf seine musikalische Weiterentwicklung. Er spielte in den sechziger Jahren ein Fleta-Modell, das dazu beitrug, dass das Interesse an Fleta Gitarren wuchs (und auch ihr Preis).
Julian Bream der etwas älter war als Williams und von Hause her Lautenist, war, wie Segovia bestrebt, einen Kontakt zu den Instrumentenbauern herzustellen. Sein Interesse als Gitarrist und Lautenist galt auch der alten Musik. Dies brachte ihn mit vielen Instrumentenbauern aus England in Zusammenarbeit. Das Gitarrenbauhandwerk in England profitierte von diesem günstigen Umstand und konnte sich weltweit etablieren. Besonders die Gitarrenbauer David J. Rubio, Jose Luis Romanillos und Paul Fischer nutzten die Zusammenarbeit mit Julian Bream.
José Luis Romanillos wurde in Spanien geboren, er war ursprünglich Tischler. Er zog später nach England und arbeitet dort. Romanillos ist nicht nur wegen seiner intensiven Zusammenarbeit als Gitarrenbauer mit Bream, sondern auch als Torres-Forscher und Autor eines Buches über Torres der wohl bekannteste Repräsentant des "englischen" Gitarrenbaus. Die Instrumente der guten englischen Gitarrenbauer unterscheiden sich insofern von den Gitarren der Konstrukteure aus Spanien, Japan und Deutschland, dass sie die älteren Bauprinzipien Torres perfekt kopieren, einen warmen, ausgeglichenen brillanten Ton erzeugen, leichte Spielbarkeit und gute Ansprache aufweisen. Nicht wie die Modelle von Ramirez, Kohno oder Hopf, die weitgehend ihre Instrumente nach Lautstärke hin orientiert gebaut haben........